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Mutter-Witze nicht auszuschließen

Guillermo des Toro, bekannt als Regisseur der "Hellboy"-Reihe und "Pans Labyrinth", ist ohne Frage ein großes Talent des Horror- und Fantasy-Genres. Peter Jackson hatte eine so hohe Meinung von ihm, dass er den in Mexiko geborenen Filmemacher sogar als seinen Nachfolger für die Hobbit-Filme akzeptierte. Letztendlich kam das aus Termin- und wohl noch ein paar persönlichen Gründen nicht zustande, aber auf del Toros Version des Mittelerde-Abenteuers wäre ich definitiv gespannt gewesen. Vermutlich hätte das ganze um einiges düsterer ausgesehen. Neben seiner Arbeit als Regisseur und Autor engagiert er sich oft und gerne als ausführender Produzent und hält immer die Augen für neue Talente offen. Für den Filmnachwuchs bedeutet das den Karrierestart, für die Welt interessante und oft unkonventionellere Filme, als wir sie aus Hollywood gewohnt sind. Ein gutes Beispiel dafür ist der grandiose Horrorfilm "Das Waisenhaus" von 2007. Diesmal hat del Toro Andrés Muschietti zu seinem Debütfilm verholfen, nachdem ihn dessen Kurzfilm, auf dem Mama basiert, begeisterte. Leider hat er in diesem Fall aufs falsche Pferd gesetzt.


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Die Schwestern Lilly und Victoria werden Zeuge ihrer ganz persönlichen Familientragödie. Ihr Vater tötet die Mutter und sucht nach einem Autounfall auf der Flucht in einer verlassenen Waldhütte Unterschlupf. Als seine Töchter ihn warnen, dass sie nicht allein in der Hütte sind, will er nicht auf sie hören und erlebt schon bald die fatalen Konsequenzen.

Lucas, der Onkel der beiden, gibt die Suche jahrelang nicht auf und schließlich werden die beiden tatsächlich in derselben Hütte gefunden. Lucas und seine Freundin Annabel, gespielt von Jessica Chastain, nehmen die beiden verwahrlosten und menschenscheuen Kinder bei sich auf. Immer noch kann sich niemand erklären, wie die beiden so lange alleine überleben konnten und schon bald häufen sich mysteriöse Vorkomnisse, die eine furchtbare Antwort erahnen lassen...


"Mama" geht sehr vielversprechend los. Der Vater von Lilly und Victoria ist nicht einfach ein mordender Psychopath, sondern ein von politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen Getriebener, was mit wenigen Worten und Szenen deutlich gemacht wird. Leider hat das mit dem Rest des Films nicht mehr viel zu tun. Auch atmosphärisch gibt es an der Eröffnungssequenz nichts auszusetzen - ganz im Gegenteil. Die Hütte im Wald bietet von ihrer räumlichen Gestaltung einen perfekten Schauplatz für Schockelemente und den Horror, der sich dort ereignet hat und noch ereignen wird. Eine gut durchdachte Lichtsetzung und pointierte Kameraarbeit unterstützen den Spannungsaufbau, ohne aufgesetzt zu wirken. Auch Victorias Kurzsichtigkeit wird geschickt als visuelles Element eingesetzt, um für den Zuschauer noch einiges verschleiert zu halten. Die Ereignisse nehmen ihren Lauf und nun zeigt uns eine Sequenz von Kinderzeichnungen Ausschnitte aus dem Leben der Mädchen ohne Eltern. Kaum ist die vorbei, geht es leider rapide abwärts.


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Annabel wird uns als Rock-Bassistin mit allen Klischees präsentiert. Sie dankt Gott auf Knien, dass sie nicht schwanger ist und erklärt sich im nächsten Moment dann trotzdem bereit, sich um zwei völlig traumatisierte Kinder zu kümmern, für die es in Form einer Tante durchaus noch eine andere "Interessentin" als Aufsichtsperson gäbe. Es wird angedeutet, dass Annabel Angst hätte, ihre eigenen Kinder zu "versauen", während sie bei diesen beiden nicht mehr viel falsch machen kann, aber das ist als Erklärung doch etwas zu schwach für die Verbissenheit, die sie ab sofort an den Tag legt. Die hippe Grunge-Harmonie, in der es sich das Paar bisher gemütlich gemacht hat, will mit der dunklen Übernatürlichkeit der restlichen Handlung nicht harmonieren. Solche Kontraste sind in Horror-Filmen durchaus ein Mittel, um Spannung zu entladen, um sie kurz darauf wieder zu verstärken, in diesem Fall funktioniert das leider äußerst selten.


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Im weiteren Filmverlauf geht es jetzt einerseits um das neu entstandene "Familienleben", bei dem die dunkle Präsenz von "Mama" von Anfang an dabei ist und andererseits um die persönlichen pseudo-wissenschaftlichen Theorien des behandelnden Psychologen. Dieser Typ ist leider von Anfang an eine so glatt aufgesetzte Kunstfigur, dass wir uns als Zuschauer kein bisschen für seine Suche interessieren, die nebenbei erwähnt auch für die Handlung komplett unnötig ist. Und wenn er die kleine Victoria regelmäßig in abgedunkelten Räumen befragt, damit ihr spärlich beleuchtetes Gesicht auf den entstandenen Aufnahmen dann schön gruselig aussieht, kann man sich teilweise nur noch an den Kopf fassen.


Dass Onkel Lucas schnell irgendwie aus den zentralen Handlung entfernt werden muss, leuchtet ein. Wie der Name schon sagt, geht es in diesem Film um Mütter und das müssen Annabel und Mama unter sich ausmachen. Die Art und Weise, wie Lucas aus dem gemeinsamen Haus gebracht wird, ist aber für den Gruselfaktor eher ungeschickt. Überhaupt wird Mama viel zu früh zu plastisch, als dass man sich wirklich lange vor ihr fürchten könnte. Im Haus gibt es durchaus einige wirklich schockierende Szenen, andere rutschen leider schon fast ins Komödiantische ab. Als Lilly und Mama sich um eine Decke streiten, während die restliche Familie nichtsahnend durchs Haus schlendert, könnte man sich das so ähnlich auch in Scary Movie vorstellen.


Jessica Chastain schlägt sich tapfer und auch die beiden Mädchen liefern eine tolle Performance ab. Besonders in ihrem verrohten Zustand kurz nach ihrer Befreiung spielt ihre entrückte Art sich zu bewegen auf unsere Urängste vor unberrechenbarem menschlichen Verhalten an und sorgen für einige Schreckmomente. Leider können die zugegeben zahlreichen positiven Punkte die Tatsache nicht verbergen, dass der Film in seiner Gesamtheit beim Zuschauer höchstens die Angst vor einer verschwendeten Kinokarte auslöst.


Fazit: Mama ist in seiner ersten Hälfte weitgehend ein durchaus spannender Horrorfilm mit dichter Atmosphäre und gesellschaftlich relevanten Themenansätzen. Leider mutiert er dann zu einem konfusen Geflecht von psychologisch-übernatürlichen Erklärungsversuchen, Masken und Effekten, die besonders zum Ende hin nur noch unfreiwillig komisch wirken.


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Spinelli313 10:31, 18. Apr. 2013 (UTC)

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