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Schon Monate bevor „The Wolf of Wall Street“ überhaupt fertig war, überschlugen sich die Gerüchte zu Martin Scorseses und Leonardo DiCaprios neustem Blockbuster. Erst hieß es, der Film solle vier Stunden lang werden, dann befürchtete man aufgrund der zahlreichen Sexszenen eine ungewünscht hohe Altersbeschränkung. Um das zu verhindern, verlängerte sich die Postproduktionszeit und es musste um die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Oscarverleihung 2014 gebangt werden. Letztendlich kam der Film dann aber in den USA noch vor Ende des Jahres 2013 in die Kinos und alle Beteiligten können sich Hoffnung auf eine goldene Trophäe machen. Besonders Leonardo DiCaprio hätte endlich mal eine verdient, oder besser gesagt für "Aviator" schon längst eine mit nach Hause nehmen sollen, aber auch wenn seine Porträtierung des kriminellen Börsenhais Jordan Belfort fantastisch ist, könnte es mit einem Sieg für diese umstrittene Rolle schwierig werden. Einige Mitglieder der Academy zeigten sich nach dem ersten Screening angeekelt und scheinen leider nicht verstanden zu haben, dass Scorsese die Börsenwelt nicht verherrlicht, sondern persifliert - nur muss er sich bei Belforts Handlungen dafür eben nicht mehr besonders anstrengen.


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Jordan Belfort sucht sich mit Mitte Zwanzig als verheirateter und motivierter Mann einen Job an der Börse, um dort das große Geld zu verdienen. Den Job verliert er schnell wieder, aber er hat Blut geleckt und kehrt nach kurzen Umwegen mit seiner eigenen Firma an die Wall Street zurück und wird innerhalb kürzester Zeit steinreich. Mit seinem riesigen Vermögen weiß er leider nichts anderes anzufangen, als es für Drogen, Nutten und Schnickschnack auszugeben - auch wenn er sich zwischendurch immer wieder gern als großzüger Samariter präsentiert. Die erste Ehefrau ist schnell Geschichte und wird für ein blondes Model ausgetauscht, das ihn trotz der hunderten von Prostituierten bis zur letzten Sekunde um den Verstand bringt. Auch wenn es länger dauert als der gesunde Menschenverstand begreifen kann: Irgendwann kommt Belfort tatsächlich das FBI auf die Spur und er muss sich entscheiden, ob er sich unbeschadet aus der Branche zurückziehen, oder mit vollem Risiko weiterkämpfen will.


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„The Wolf of Wall Street“ ist von Beginn an ein Trip. Geld, Autos, Blowjobs, nackte Frauen, Kleinwüchsige, die an eine Zielscheibe geworfen werden, Löwen, die durchs Büro laufen - und damit wäre die erste Filmminute schon mal ganz gut ausgefüllt. So ungefähr geht es die nächsten 179 weiter und wird trotzdem niemals langweilig. Die Aneinanderreihung von Absurditäten des Überflusses ist notwendig, um Belfort auf seiner Spirale in die Katastrophe zu begleiten und einigermaßen verstehen zu können, wieso er sich über so eine lange Zeit nicht daraus befreien kann und will. Auf eine persönliche Entwicklung kann man hier lange warten. Auch wenn der junge unerfahrene Mann aus Queens bei seinem ersten Job noch etwas unbeholfen wirkt und ein scheinbar konventionelles Leben mit seiner schönen und verständnisvollen Frau führt, die ihn auch mittellos liebt, braucht es kein großes Erlebnis oder einen übermächtigen persönlichen Einfluss, um ihn vollends zu korrumpieren. Zu keinem Zeitpunkt hadert Belfort mit den Gedanken, wen er um sein Geld bringt und wofür es sich eigentlich lohnt, immer mehr davon anzuhäufen. Sein horrender Drogenkonsum ist perfekt darauf ausgerichtet, ihn in einem ständigen High und gerade noch so am Leben zu halten. In seinem Büro voll raffgieriger Klone seiner selbst werden Köpfe geschoren, Sekretärinnen in Aufzügen beglückt, Goldfische verschluckt und das FBI arrogant an der Nase herumgeführt: Nicht gerade das beste Umfeld für eine Selbstreflexion.


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Scorsese gelingt es, den Zuschauer spüren zu lassen, wie solche scheinbar völlig absurden Ereignisse in unserer vermeintlich geordneten Gesellschaft passieren können: Auch wenn Jordan Belfort niemals als irgendetwas anderes als ein unmoralisches Wiesel dargestellt wird, verabscheut man ihn nicht durchgehend. So egozentrisch, verschwenderisch, engstirnig und kriminell sein Lebensstil auch sein mag - er sieht oft nach viel Spaß aus! Wir beobachten einen Menschen, der JEDER Versuchung nachgibt, die sich ihm darbietet und das sind mit seinen Ressourcen eben ganz schön viele. Das soll man nicht gutheißen, aber trotzdem wird sich jeder mit irgendeinem Teil von Belforts Verhaltensmustern identifizieren können. Die direkten katastrophalen Konsequenzen seiner Taten - unzählige Menschen, die ihre Lebensgrundlage verlieren, Unternehmen, die pleite gehen, ein Wirtschaftssystem, auf dem unsere Gesellschaft basiert, das immer mehr aus den Fugen gerät - bleiben unsichtbar. Nach der letzten Wirtschaftskrise werden einige Zuschauer einen etwas anderen Blick auf die Dinge haben, doch es ist trotzdem nahezu unmöglich, sich nicht in den hedonistischen Rausch aus menschlichen Schwächen saugen zu lassen.


Fazit: The Wolf of Wall Street ist einer der bewegendsten Kinobesuche seit langer Zeit und führt dem Zuschauer seine eigenen Fehlbarkeiten vor Augen, die durch unser Gesellschaftssystem nur allzu oft ermöglicht und sogar bestärkt werden.


Clap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinemaClap-cinema hell


Spinelli313 11:19, 10. Jan. 2014 (UTC)

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